Überschwemmungen in Burundi

Erneut leidet Burundis Bevölkerung unter Wetterextremen: nach Starkregen laufen die Flüsse über, der Wasserstand des Tanganyikasees steigt in historisch gefährliche Höhe, Hügel rutschen ab, Stürme und sogar Hagel.

Laut offizieller Angaben der burundischen Regierung und der Vereinten Nationen (VN) sind aktuell über 200.000 Menschen von den Folgen betroffen. Ackerflächen sind verwüstet, Wohngebiete sind zerstört oder stehen noch unter Wasser – auch Schulen und Gesundheitszentren.

Besonders getroffen hat es erneut die Region Mutimbuzi, zwischen der größten Stadt Burundis – Bujumbura, selbst in einigen Wohnvierteln überschwemmt – und der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo. In den Orten Kajaga und Gatumba liegen die Schulen, die BURUNDI KIDS unterstützt, sowie das Krankenhaus Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK).

Die EPCM (Ecole Polyvalente Carolus Magnus) in Kajaga ist nicht betroffen. Zwar kam das Wasser gefährlich nahe ans Schulgelände, doch hatte die Direktion vergangenes Jahr bereits Maßnahmen getroffen, die ohnehin hohen Fundamente und Gebäude zu schützen. Das Wasser stieg glücklicherweise nicht weiter an. Anders beim Krankenhaus HHK, wo das Wasser an den Grundstücksmauern steht und nicht schnell abfließen kann.

Die EPCM am Standort Gatumba war zwischenzeitlich nur schwer erreichbar. Die Direktion teilte mit, dass die Kinder teilweise durchs Wasser getragen werden mussten, um zur Schule zu kommen, bis die Schule eine Brücke aus Sandsäcken errichtete. Zwischenzeitlich stand auch Wasser auf dem Schulhof, welches jedoch binnen kurzer Zeit wieder versickerte.
Der wesentlich größere EPCM-Standort in Kajaga hatte bereits signalisiert, die Klassenräume für die Schüler*innen aus Gatumba zur Verfügung stellen zu können, um nachmittags den Fortgang des Unterrichts zu gewährleisten.

Betroffen ist ebenfalls das Heim Birashoboka, das in Kajaga liegt. Dort leben derzeit 42 Jungen. Zwar ist das Heim nicht direkt überschwemmt. Der hohe Grundwasserspiegel führt aber dazu, dass die Sickergruben schnell(er) volllaufen und öfter geleert werden müssen, um einer hygienisch gefährlichen Situation vorzubeugen.

Burundi gehört nach Angaben der VN zu den 20 durch den Klimawandel am meisten gefährdeten Ländern. Viele Menschen in Burundi hoffen nun auf die baldige Trockenzeit, die ggf. für etwas Entspannung der Lage sorgen wird. Die Familien in Not, die alles im Wasser verloren haben, bleiben auf Hilfe angewiesen.

Infos von Stipendiat Jean Pierre

Stipendiat Jean Pierre schickte wieder Neuigkeiten aus Cotonou, Benin. Er studiert dort an der Université d’Abomey Calavi (UAC) an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften Anästhesie-Reanimation.

Das Studienprogramm sei straff organisiert, schreibt er. Täglich viele Kurse, die auch regelmäßig in Examen abgefragt werden. Nachmittags und abends verbringt er meistens in der Bibliothek, um Rechercheaufgaben nachzugehen und Präsentationen vorzubereiten – meistens in Gruppen mit anderen Studierenden. „Bald werden wir mit Praktika in den verschiedenen Krankenhäusern in Cotonou und wahrscheinlich auch im Landesinneren beginnen. Das wird Gelegenheit für mich sein, meine Kenntnisse anzuwenden und meine Erfahrung im Bereich Anästhesie und Reanimation zu verbessern“.

Zwischenzeitlich gab es auch auf politischer Ebene eine Neuerung: Burundi und Benin haben sich angenähert und gegenseitig für ihre Landsleute Visafreiheit vereinbart. Das kommt Stipendiat Jean Pierre natürlich gelegen – ein administrativer Aufwand weniger zu bewältigen.

Das Vollstipendium wird ermöglicht durch die Finanzierung von Beta Humanitarian Help e.V. In einer Nachricht an den Chirurgen und Leiter von Beta, Dr. Daniel Sattler, wünscht er ihm und dessen Team viel Erfolg beim nächsten geplanten Einsatz in Burundi. Sattler hatte mit Jean Pierre bei vergangenen Einsätzen bereits im Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK) zusammengearbeitet und ihn kennengelernt. Daraus war die Idee des Stipendiums und der Weiterbildung entstanden.

Neues von Stipendiat Jean Pierre

Unser Stipendiat Jean Pierre Maherezo, der Dank der Unterstützung der Partner*innen von Beta Humanitarian Help e.V. die Universität in Cotonou, Benin, besucht, schrieb uns eine Mail:

„Heute kann ich Sie über meine Situation in Benin informieren, nachdem ich das Zulassungsverfahren für die Ausbildung abgeschlossen habe. Dieser Prozess hat leider sehr lange gedauert und praktisch die gesamte Zeit in Anspruch genommen, die ich seit dem 16. Oktober 2023 in Benin verbracht habe.

Für Dienstag, 18. Oktober 2023, waren Eingangsprüfungen angesetzt, was mich dazu veranlasst hatte, meine Reise nach Cotonou früher anzutreten als ursprünglich geplant. Wir absolvierten zuerst einen schriftlichen Test und danach ein Interview. Ich habe mein Wissen und meinen Erfahrungsschatz, den ich im Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK) erworben hatte, genutzt, sodass die Prüfer*innen mir gleich nach dem Interview bestätigten, dass ich bestanden habe. Ich bin für die Arbeit im HHK deshalb sehr dankbar!

Die Auswahl war sehr streng. Für den Fachbereich Anästhesie waren wir über 250 Bewerber*innen und nur 33 wurden ausgewählt (Inländer und Ausländer zusammen). Viele Kongoles*innen, Burkinabé, Togoles*innen….. mussten nach Hause zurückkehren, weil sie die Prüfungen nicht bestanden hatten, und auch eine große Anzahl von Beniner*innen hatte keine Chance, die Prüfungen zu bestehen. Sie sehen, wie sehr diese Universität die Leistung und das Wissen in den Vordergrund stellt, im Gegensatz zu einigen anderen Institutionen. In dieser Universität geht es um den, der will und kann. Ich bin froh, zu den glücklichen Auserwählten zu gehören, die eine Zukunft vor sich sehen. Ohne die bisherige Unterstützung wäre ich nicht dort, wo ich jetzt bin.

Ich musste bei meiner Ankunft im Bildungsministerium von Benin mehrere akademische Dokumente beantragen, um meine Abschlüsse aus Burundi zu beglaubigen, darunter Äquivalenzbescheinigungen sowie andere administrative Dokumente, die erforderlich sind, um sich in Benin niederlassen zu können und ein Bankkonto zu eröffnen.

Das Leben hier in Cotonou ist teuer, aber dank der unerschütterlichen Unterstützung von Burundikids e.V. gelingt es mir, mich daran anzupassen. Ich habe die zwei Monate, die ich bisher in Cotonou verbracht habe, genutzt, um mich einzurichten, um dafür während der Kurszeiten keine Zeit zu verlieren. Ich gewöhne mich leicht an die Umgebung, vor allem, weil das Klima dem von Bujumbura ähnelt, und passe mich gut an die neue Gesellschaft, ihre Umgangsformen, ihre Ernährung usw. an.

Der eigentliche Unterrichtsbeginn fand am Freitag, den 15. Dezember 2023 statt, also genau zwei Monate nach meiner Ankunft in Cotonou. Die Verzögerung und Verschiebung des Beginns des akademischen Jahres ist darauf zurückzuführen, dass die Universität auf die ausländischen Bewerber*innen warten musste, um die Tests mit den anderen zu absolvieren.

Ich werde Sie nach und nach über den Verlauf meiner akademischen Ausbildung auf dem Laufenden halten.

Nochmals vielen Dank!“

Centre Birashoboka: Von Schicksalen und Zukunft

Nadège Horimbere und Pascal Habonimana sind zuständig für die Kommunikation beim lokalen Partner, Fondation Stamm. Gemeinsam waren sie in Kajaga, nordwestlich der Stadt Bujumbura, wo die Schule Ecole Polyvalente Carolus Magnus (EPCM) und das Heim für Jungen, Centre Birashoboka, liegen. Ein Bericht aus dem Alltag der Kolleg*innen.

„Der Besuch begann mit der Begegnung mit dem jungen Claude, der in Kajaga an der Schreinerei der EPCM eine Ausbildung zum Tischler absolviert. Claude ist Vollwaise und 15 Jahre alt. Ursprünglich kommt er aus Karusi, eine Provinz in der Mitte Burundis.Er erzählt, er war mit einem Freund nach Tansania gereist, um auf Feldern zu arbeiten. Nachdem er zwei Jahre lang unbezahlt gearbeitet hatte, forderte er von seinem damaligen Chef immer wieder seinen Lohn. Als Antwort bekam Claude jedoch Schläge und Misshandlung, die seinen Körper bis heute zeichnen. Sie haben ihn anschließend an einem abgelegenen Ort abgelegt und zum Sterben liegenlassen. Seine Freunde, die mit ihm auf dem Feld gearbeitet hatten, fanden ihn und brachten ihn zurück über die Grenze nach Burundi. Dort wurde er von einer lokalen Organisation in Obhut genommen, die den Jungen weiter an die Fondation Stamm verwies. Sieben Monate musste Claude im Krankenhaus Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK) behandelt werden.

Zwischen dem HHK und der Schule EPCM liegt die schuleigene kleine Schreinerei. Als es ihm körperlich möglich war, meldete er sich dort und begann eine Ausbildung. Zwischenzeitlich konnte Claude das HHK verlassen und wohnt im Heim Birashoboka. Bei unserem Besuch war er dabei, einen Hocker herzustellen und zeigte ihn uns stolz.
„Die Ausbildung wird mir in meinem Leben nützlich sein. Aber eine Herausforderung für mich ist, dass ich nicht lesen und schreiben kann. Daran muss ich noch arbeiten.“ Seine in der Schreinerei hergestellten Produkte kann Claude übrigens verkaufen, um sich ein Taschengeld zu verdienen.

Bei unserem Besuch trafen wir auch den jungen Confiance, der in einer Werkstatt in der Nähe des Heims Birashoboka eine Ausbildung zum Schneider absolviert. Confiance ist 17 Jahre alt und stammt aus Uvira (Demokratische Republik Kongo, DRK). Seine Mutter und seine Brüder leben in Uganda. Confiance hatte zuletzt mit seinem Vater in Uvira gelebt, als im März 2018 Rebellen in der Nacht kamen, den Jungen mitnahmen und zwei Tage lang gefangen hielten. Als sie am Fluss Rusizi, der die DRK von Burundi trennt, ankamen, begannen die Rebellen, Confiance zu schlagen und befahlen ihm loszulaufen, bis er in Burundi ankomme, ohne sich umzudrehen. Confiance rannte, bis er einen Fischer traf und ihm erzählte, was ihm widerfahren war. Der Fischer half Confiance, den Rusizi-Fluss bis nach Burundi zu überqueren. Außerdem riet er ihm, seine Geschichte den Behörden zu erzählen.

Confiance war zunächst in Burundi einige Tage inhaftiert, bevor er wieder freigelassen wurde. Nach seiner Freilassung nahm ihn eine gutmütige Person drei Jahre lang bei sich auf – ein Schneider. Er nahm Confiance nicht nur bei sich auf, sondern bildete den Teenager auch aus.
Im Laufe der Zeit suchte Confiance den Kontakt zum Internationalen Roten Kreuz, um seine Familie in Uganda zu finden. 2021 brachte ihn das Rote Kreuz ins Heim der Fondation Stamm, zur Unterkunft bis die Familienzusammenführung organisiert werden kann. Seine Ausbildung im Schneidern setzte Claude in einer Werkstatt fort.
Zwischenzeitlich hat das Rote Kreuz Confiances Mutter ausfindig gemacht, die auch bereit ist, ihren Sohn aufzunehmen. Die Schritte bis zur Wiedervereinigung sind jedoch zeitaufwendig, da Behörden aus drei Ländern involviert werden müssen: Demokratische Republik Kongo als Herkunftsland, Burundi als aufnehmendes Land von Confiance, und Uganda als Wohnsitz der Mutter.

Nach den Begegnungen mit den beiden Jungen schauten wir noch im Zentrum Birashoboka vorbei. Die Kolleg*innen dort waren gerade dabei, den jüngeren Kindern bei den Prüfungsvorbereitungen zu helfen. Im Schuljahr 2022-2023 konnten vier Jungen aus dem Heim die Schule abschließen: einer in Banken & Versicherungen, einer in PTA – pharmazeutisch-technischer Assistent, ein weiterer im naturwissenschaftlichen Abitur und einer im technischen Abitur.

Insgesamt werden voraussichtlich neun Jungen im Laufe des Jahres das Zentrum verlassen können. Birashoboka beherbergte zwischenzeitlich 47 Kinder und Jugendliche – nicht mitgerechnet sind die Jugendlichen, die nur für den Transit in das Zentrum kommen und nur einige Nächte dort verbringen, ehe sie von Partnerorganisationen wie Terre des hommes oder Rotes Kreuz oder der Fondation Stamm selbst in ihre Familien reintegriert werden.“

Jean Pierre Maherezo: Stipendiat in Benin

2022 traf Jean Pierre Maherezo zum ersten Mal auf das Team von Beta Humanitarian Help (Beta). Das Chirurgenteam rund um Gründer Dr. Daniel Sattler war damals bereits im zweiten Einsatz in Kajaga, direkt am Tanganyikasee. Sie operierten dort gemeinsam mit den burundischen Kolleg*innen des Krankenhauses Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK). Einer von ihnen war Jean Pierre Maherezo, der zu diesem Zeitpunkt als Anästhesist im HHK arbeitete.

Als Jugendlicher ohne Eltern war er ins Heim gekommen, das die Fondation Stamm in Burundi betreibt – unterstützt von BURUNDI KIDS. Im Centre Birashoboka hatte er die Möglichkeit, sich auf die Schule zu konzentrieren, schaffte mit einem guten Abitur den Sprung auf die Uni und absolvierte seinen Bachelor in Anästhesie. In Burundi ist in diesem Bereich leider (noch) kein höherer Abschluss machbar. Gleichzeitig haben die Absolvent*innen die Arbeitserlaubnis in Krankenhäusern.

Maherezos Wunsch war es aber immer, sich weiterzubilden. Mit Dr. Sattler von Beta kam er ins Gespräch – der war angetan von der Mitarbeit des jungen Kollegen, überzeugt von dessen Kompetenz. Auch Maherezo erinnert sich gerne an die Begegnungen mit den Chirurgen: „Die Zeit, die sie hier in Burundi verbracht haben, war eine große Chance für mich. Es war für mich eine unverhoffte Gelegenheit, bei der Ausübung meines Berufs größer und weiter zu denken und zu versuchen, meinen Horizont durch diese Ermutigung zu erweitern.

“Beta Humanitarian Help hat sich entschieden, gemeinsam mit Burundikids e.V. dem jungen Anästhesisten aus Burundi ein Masterstudium zu ermöglichen. Der hat sich dafür die Université d’Abomey Calavi (UAC) in Cotonou, Benin, ausgesucht. An der Fakultät für Gesundheitswissenschaften hat er zwischenzeitlich sein Aufbaustudium in Anästhesie-Reanimation begonnen, finanziert durch Beta.

Mit der Fondation Stamm, bzw. dem von ihr geführten Krankenhaus hat Maherezo eine Vereinbarung: nach dem Studium wird er dort seine Kenntnisse und Fähigkeiten einbringen. Kurz vor seiner Ausreise von Burundi nach Benin schrieb er in einer Mail: „Es gibt viele junge Menschen, deren Talente in der Geschichte vergraben sind und die in Armut ertrinken. Es gibt junge Intellektuelle, deren Ambitionen aufgrund der Armut im besten Fall mit dem Abitur und im schlimmsten Fall mit der Sekundarstufe gestoppt wurden. Aus diesem Grund bin ich dankbar und verspreche, mich in Zukunft daran zu beteiligen, jungen Talenten zu helfen, ihre Träume zu verwirklichen.“

Exzellenter Schulabschluss

Emmanuel am Tag der Diplomfeier an der Ecole Polyvalente Carolus Magnus. Im Hintergrund Verena Stamm, Gründerin der Fondation Stamm, mit den Direktoren Dr. Floribert Dundaguza (Technik) und Néhémie Nduwimana (Mittel- u. Oberstufe)

Emmanuel hat mit seinen jungen Jahren schon eine recht lange Lebensgeschichte. Geboren wurde er im ländlichen Umfeld der Stadt Bujumbura. Die geschiedene Mutter lebte mit ihren Kindern in Armut und hielt sich mit Landwirtschaft über Wasser.
2011 kam Emmanuel ins Heim, wo er die Schule wieder besuchen konnte. Seitdem war er immer der Beste seiner Klasse – bis zu seinem Abschluss. Er lebte im Zentrum Birashoboka und wurde für ein Stipendium an die Partner*innen von Apotheker ohne Grenzen vermittelt. Aktuell nahm er sein Diplom entgegen. Emmanuel hat mit sagenhaften 92% seine Examen bestanden und ist nun ausgebildeter PTA (pharmazeutisch-technischer Assistent).
Mit seiner Bestnote darf er außerdem auf die staatliche Universität – aber erst nach einem Jahr Wartezeit. Bis dahin jobbt er in der Lehr-Apotheke, die Burundikids e.V. zusammen mit der Fondation Stamm aufgebaut hat.