Nadège Horimbere und Pascal Habonimana sind zuständig für die Kommunikation beim lokalen Partner, Fondation Stamm. Gemeinsam waren sie in Kajaga, nordwestlich der Stadt Bujumbura, wo die Schule Ecole Polyvalente Carolus Magnus (EPCM) und das Heim für Jungen, Centre Birashoboka, liegen. Ein Bericht aus dem Alltag der Kolleg*innen.

„Der Besuch begann mit der Begegnung mit dem jungen Claude, der in Kajaga an der Schreinerei der EPCM eine Ausbildung zum Tischler absolviert. Claude ist Vollwaise und 15 Jahre alt. Ursprünglich kommt er aus Karusi, eine Provinz in der Mitte Burundis.Er erzählt, er war mit einem Freund nach Tansania gereist, um auf Feldern zu arbeiten. Nachdem er zwei Jahre lang unbezahlt gearbeitet hatte, forderte er von seinem damaligen Chef immer wieder seinen Lohn. Als Antwort bekam Claude jedoch Schläge und Misshandlung, die seinen Körper bis heute zeichnen. Sie haben ihn anschließend an einem abgelegenen Ort abgelegt und zum Sterben liegenlassen. Seine Freunde, die mit ihm auf dem Feld gearbeitet hatten, fanden ihn und brachten ihn zurück über die Grenze nach Burundi. Dort wurde er von einer lokalen Organisation in Obhut genommen, die den Jungen weiter an die Fondation Stamm verwies. Sieben Monate musste Claude im Krankenhaus Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK) behandelt werden.

Zwischen dem HHK und der Schule EPCM liegt die schuleigene kleine Schreinerei. Als es ihm körperlich möglich war, meldete er sich dort und begann eine Ausbildung. Zwischenzeitlich konnte Claude das HHK verlassen und wohnt im Heim Birashoboka. Bei unserem Besuch war er dabei, einen Hocker herzustellen und zeigte ihn uns stolz.
„Die Ausbildung wird mir in meinem Leben nützlich sein. Aber eine Herausforderung für mich ist, dass ich nicht lesen und schreiben kann. Daran muss ich noch arbeiten.“ Seine in der Schreinerei hergestellten Produkte kann Claude übrigens verkaufen, um sich ein Taschengeld zu verdienen.

Bei unserem Besuch trafen wir auch den jungen Confiance, der in einer Werkstatt in der Nähe des Heims Birashoboka eine Ausbildung zum Schneider absolviert. Confiance ist 17 Jahre alt und stammt aus Uvira (Demokratische Republik Kongo, DRK). Seine Mutter und seine Brüder leben in Uganda. Confiance hatte zuletzt mit seinem Vater in Uvira gelebt, als im März 2018 Rebellen in der Nacht kamen, den Jungen mitnahmen und zwei Tage lang gefangen hielten. Als sie am Fluss Rusizi, der die DRK von Burundi trennt, ankamen, begannen die Rebellen, Confiance zu schlagen und befahlen ihm loszulaufen, bis er in Burundi ankomme, ohne sich umzudrehen. Confiance rannte, bis er einen Fischer traf und ihm erzählte, was ihm widerfahren war. Der Fischer half Confiance, den Rusizi-Fluss bis nach Burundi zu überqueren. Außerdem riet er ihm, seine Geschichte den Behörden zu erzählen.

Confiance war zunächst in Burundi einige Tage inhaftiert, bevor er wieder freigelassen wurde. Nach seiner Freilassung nahm ihn eine gutmütige Person drei Jahre lang bei sich auf – ein Schneider. Er nahm Confiance nicht nur bei sich auf, sondern bildete den Teenager auch aus.
Im Laufe der Zeit suchte Confiance den Kontakt zum Internationalen Roten Kreuz, um seine Familie in Uganda zu finden. 2021 brachte ihn das Rote Kreuz ins Heim der Fondation Stamm, zur Unterkunft bis die Familienzusammenführung organisiert werden kann. Seine Ausbildung im Schneidern setzte Claude in einer Werkstatt fort.
Zwischenzeitlich hat das Rote Kreuz Confiances Mutter ausfindig gemacht, die auch bereit ist, ihren Sohn aufzunehmen. Die Schritte bis zur Wiedervereinigung sind jedoch zeitaufwendig, da Behörden aus drei Ländern involviert werden müssen: Demokratische Republik Kongo als Herkunftsland, Burundi als aufnehmendes Land von Confiance, und Uganda als Wohnsitz der Mutter.

Nach den Begegnungen mit den beiden Jungen schauten wir noch im Zentrum Birashoboka vorbei. Die Kolleg*innen dort waren gerade dabei, den jüngeren Kindern bei den Prüfungsvorbereitungen zu helfen. Im Schuljahr 2022-2023 konnten vier Jungen aus dem Heim die Schule abschließen: einer in Banken & Versicherungen, einer in PTA – pharmazeutisch-technischer Assistent, ein weiterer im naturwissenschaftlichen Abitur und einer im technischen Abitur.

Insgesamt werden voraussichtlich neun Jungen im Laufe des Jahres das Zentrum verlassen können. Birashoboka beherbergte zwischenzeitlich 47 Kinder und Jugendliche – nicht mitgerechnet sind die Jugendlichen, die nur für den Transit in das Zentrum kommen und nur einige Nächte dort verbringen, ehe sie von Partnerorganisationen wie Terre des hommes oder Rotes Kreuz oder der Fondation Stamm selbst in ihre Familien reintegriert werden.“