Schulbeginn in Gatumba

Die Kids sind zurück!
Am Standort Gatumba der Ecole Polyvalente Carolus Magnus (EPCM) ist wieder einiges los. Die Kinder sind aus den Ferien zurück – insgesamt 323. Besonders erfreulich: knapp die Hälfte sind Mädchen.

Während der Ferien war noch die neue Grundschule komplett fertig gestellt worden. Der Bau wurde finanziert durch die Wolfgang R. Fikentscher-Kinderhilfestiftung.

Aktuell bietet der Standort Platz für die Klassen der Vorschule 1-3 und Grundschule 1-6.

Centre Birashoboka: Von Schicksalen und Zukunft

Nadège Horimbere und Pascal Habonimana sind zuständig für die Kommunikation beim lokalen Partner, Fondation Stamm. Gemeinsam waren sie in Kajaga, nordwestlich der Stadt Bujumbura, wo die Schule Ecole Polyvalente Carolus Magnus (EPCM) und das Heim für Jungen, Centre Birashoboka, liegen. Ein Bericht aus dem Alltag der Kolleg*innen.

„Der Besuch begann mit der Begegnung mit dem jungen Claude, der in Kajaga an der Schreinerei der EPCM eine Ausbildung zum Tischler absolviert. Claude ist Vollwaise und 15 Jahre alt. Ursprünglich kommt er aus Karusi, eine Provinz in der Mitte Burundis.Er erzählt, er war mit einem Freund nach Tansania gereist, um auf Feldern zu arbeiten. Nachdem er zwei Jahre lang unbezahlt gearbeitet hatte, forderte er von seinem damaligen Chef immer wieder seinen Lohn. Als Antwort bekam Claude jedoch Schläge und Misshandlung, die seinen Körper bis heute zeichnen. Sie haben ihn anschließend an einem abgelegenen Ort abgelegt und zum Sterben liegenlassen. Seine Freunde, die mit ihm auf dem Feld gearbeitet hatten, fanden ihn und brachten ihn zurück über die Grenze nach Burundi. Dort wurde er von einer lokalen Organisation in Obhut genommen, die den Jungen weiter an die Fondation Stamm verwies. Sieben Monate musste Claude im Krankenhaus Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK) behandelt werden.

Zwischen dem HHK und der Schule EPCM liegt die schuleigene kleine Schreinerei. Als es ihm körperlich möglich war, meldete er sich dort und begann eine Ausbildung. Zwischenzeitlich konnte Claude das HHK verlassen und wohnt im Heim Birashoboka. Bei unserem Besuch war er dabei, einen Hocker herzustellen und zeigte ihn uns stolz.
„Die Ausbildung wird mir in meinem Leben nützlich sein. Aber eine Herausforderung für mich ist, dass ich nicht lesen und schreiben kann. Daran muss ich noch arbeiten.“ Seine in der Schreinerei hergestellten Produkte kann Claude übrigens verkaufen, um sich ein Taschengeld zu verdienen.

Bei unserem Besuch trafen wir auch den jungen Confiance, der in einer Werkstatt in der Nähe des Heims Birashoboka eine Ausbildung zum Schneider absolviert. Confiance ist 17 Jahre alt und stammt aus Uvira (Demokratische Republik Kongo, DRK). Seine Mutter und seine Brüder leben in Uganda. Confiance hatte zuletzt mit seinem Vater in Uvira gelebt, als im März 2018 Rebellen in der Nacht kamen, den Jungen mitnahmen und zwei Tage lang gefangen hielten. Als sie am Fluss Rusizi, der die DRK von Burundi trennt, ankamen, begannen die Rebellen, Confiance zu schlagen und befahlen ihm loszulaufen, bis er in Burundi ankomme, ohne sich umzudrehen. Confiance rannte, bis er einen Fischer traf und ihm erzählte, was ihm widerfahren war. Der Fischer half Confiance, den Rusizi-Fluss bis nach Burundi zu überqueren. Außerdem riet er ihm, seine Geschichte den Behörden zu erzählen.

Confiance war zunächst in Burundi einige Tage inhaftiert, bevor er wieder freigelassen wurde. Nach seiner Freilassung nahm ihn eine gutmütige Person drei Jahre lang bei sich auf – ein Schneider. Er nahm Confiance nicht nur bei sich auf, sondern bildete den Teenager auch aus.
Im Laufe der Zeit suchte Confiance den Kontakt zum Internationalen Roten Kreuz, um seine Familie in Uganda zu finden. 2021 brachte ihn das Rote Kreuz ins Heim der Fondation Stamm, zur Unterkunft bis die Familienzusammenführung organisiert werden kann. Seine Ausbildung im Schneidern setzte Claude in einer Werkstatt fort.
Zwischenzeitlich hat das Rote Kreuz Confiances Mutter ausfindig gemacht, die auch bereit ist, ihren Sohn aufzunehmen. Die Schritte bis zur Wiedervereinigung sind jedoch zeitaufwendig, da Behörden aus drei Ländern involviert werden müssen: Demokratische Republik Kongo als Herkunftsland, Burundi als aufnehmendes Land von Confiance, und Uganda als Wohnsitz der Mutter.

Nach den Begegnungen mit den beiden Jungen schauten wir noch im Zentrum Birashoboka vorbei. Die Kolleg*innen dort waren gerade dabei, den jüngeren Kindern bei den Prüfungsvorbereitungen zu helfen. Im Schuljahr 2022-2023 konnten vier Jungen aus dem Heim die Schule abschließen: einer in Banken & Versicherungen, einer in PTA – pharmazeutisch-technischer Assistent, ein weiterer im naturwissenschaftlichen Abitur und einer im technischen Abitur.

Insgesamt werden voraussichtlich neun Jungen im Laufe des Jahres das Zentrum verlassen können. Birashoboka beherbergte zwischenzeitlich 47 Kinder und Jugendliche – nicht mitgerechnet sind die Jugendlichen, die nur für den Transit in das Zentrum kommen und nur einige Nächte dort verbringen, ehe sie von Partnerorganisationen wie Terre des hommes oder Rotes Kreuz oder der Fondation Stamm selbst in ihre Familien reintegriert werden.“

Buterere: Kinderbetreuung sehr gefragt

Das Schuljahr 2023-2024 hat in der Kindertagesstätte Duhinduke im Viertel Buterere (Bujumbura) zeitgleich wie in den anderen Schulen in Burundi gut begonnen. Die Einschreibungsphase für die Plätze hatte im August während der Ferien begonnen. Die Plätze waren und sind wie immer sehr begehrt.

Zu Beginn des Schuljahres kamen 274 Mädchen und Jungen in drei Klassen, vor- und nachmittags. Darunter sind auch drei Kids aus dem Mutter-Kind-Zentrum Nyubahiriza im benachbarten Viertel Mutakura. Die zuständigen Kolleg*innen rechnen jedoch mit einem Rückgang der Schüler*innenzahlen im Laufe des Schuljahres aufgrund der hohen Armut im Viertel.

Familien zahlen einen Beitrag von rund einem Euro pro Kind und Monat, um zur Finanzierung der Miete und des Lehrpersonals beizutragen. Die Kinder lernen beim Singen, Basteln, Spielen und sogar Rechnen. Wichtig ist dabei auch, dass sie in Kontakt mit der Französischen Sprache kommen – dann haben sie es nämlich später leichter, wenn sie in die Grundschule kommen.

 

Kooperation mit der Universität

Zusammen mit der ehrenamtlichen Gruppe rund um die Firma Boehringer Ingelheim und dem lokalen Partner, Fondation Stamm, hatte Burundikids e.V. die Lehrwerkstatt CPEI ausgestattet und eingerichtet. Jugendliche mit Vorqualifikation können am Centre de Perfectionnement en Electromécanique Industriel eine diplomierte 16-monatige Weiterbildung absolvieren, um ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Neben dem längeren Fortbildungsgang bietet das CPEI auch eine kürzere Ausbildung an – mit Zertifikat.

Aufgrund der guten Ausstattung der Werkstatt und der fundierten Lehre hat die Université du Burundi eine Zusammenarbeit mit dem CPEI vorgeschlagen. Studierende der Fakultäten für Elektrotechnik und Maschinenbau kommen seitdem für Praktika in die Werkstatt.

CPEI: Werkstatt instandgesetzt

Die Lehrwerkstatt CPEI (Centre de Perfectionnement en Electromécanique Industriel) hat einen neuen Anstrich bekommen – wortwörtlich. Neben der neuen Farbe wurde auch das Werkstattdach ausgebessert und die Decken instandgesetzt. Außerdem wurde der Sanitärblock erweitert, um der steigenden Zahl von Lehrlingen gerecht zu werden.

Direktor Justin Ndikumana ist zufrieden. Sein Team und er unterrichten mehrere Teams von Jugendlichen: einen längeren Fortbildungsgang mit Abschluss Diplom – und kürzere Jahrgänge, die mit einem Zertifikat abschließen. Hinzu kommen noch Studierende verschiedener Unis, die für Praktika ins CPEI kommen. Und dann sind da noch die Absolvent*innen des CPEI: die erste Generation hatte sich zu einem Start-Up zusammengeschlossen und übt gemeinsam Arbeiten aus. Ndikumana und sein CPEI-Team begleiten die Jugendlichen dabei und stehen mit Rat zur Seite.

 

Jean Pierre Maherezo: Stipendiat in Benin

2022 traf Jean Pierre Maherezo zum ersten Mal auf das Team von Beta Humanitarian Help (Beta). Das Chirurgenteam rund um Gründer Dr. Daniel Sattler war damals bereits im zweiten Einsatz in Kajaga, direkt am Tanganyikasee. Sie operierten dort gemeinsam mit den burundischen Kolleg*innen des Krankenhauses Hôpital Hippocrate de Kajaga (HHK). Einer von ihnen war Jean Pierre Maherezo, der zu diesem Zeitpunkt als Anästhesist im HHK arbeitete.

Als Jugendlicher ohne Eltern war er ins Heim gekommen, das die Fondation Stamm in Burundi betreibt – unterstützt von BURUNDI KIDS. Im Centre Birashoboka hatte er die Möglichkeit, sich auf die Schule zu konzentrieren, schaffte mit einem guten Abitur den Sprung auf die Uni und absolvierte seinen Bachelor in Anästhesie. In Burundi ist in diesem Bereich leider (noch) kein höherer Abschluss machbar. Gleichzeitig haben die Absolvent*innen die Arbeitserlaubnis in Krankenhäusern.

Maherezos Wunsch war es aber immer, sich weiterzubilden. Mit Dr. Sattler von Beta kam er ins Gespräch – der war angetan von der Mitarbeit des jungen Kollegen, überzeugt von dessen Kompetenz. Auch Maherezo erinnert sich gerne an die Begegnungen mit den Chirurgen: „Die Zeit, die sie hier in Burundi verbracht haben, war eine große Chance für mich. Es war für mich eine unverhoffte Gelegenheit, bei der Ausübung meines Berufs größer und weiter zu denken und zu versuchen, meinen Horizont durch diese Ermutigung zu erweitern.

“Beta Humanitarian Help hat sich entschieden, gemeinsam mit Burundikids e.V. dem jungen Anästhesisten aus Burundi ein Masterstudium zu ermöglichen. Der hat sich dafür die Université d’Abomey Calavi (UAC) in Cotonou, Benin, ausgesucht. An der Fakultät für Gesundheitswissenschaften hat er zwischenzeitlich sein Aufbaustudium in Anästhesie-Reanimation begonnen, finanziert durch Beta.

Mit der Fondation Stamm, bzw. dem von ihr geführten Krankenhaus hat Maherezo eine Vereinbarung: nach dem Studium wird er dort seine Kenntnisse und Fähigkeiten einbringen. Kurz vor seiner Ausreise von Burundi nach Benin schrieb er in einer Mail: „Es gibt viele junge Menschen, deren Talente in der Geschichte vergraben sind und die in Armut ertrinken. Es gibt junge Intellektuelle, deren Ambitionen aufgrund der Armut im besten Fall mit dem Abitur und im schlimmsten Fall mit der Sekundarstufe gestoppt wurden. Aus diesem Grund bin ich dankbar und verspreche, mich in Zukunft daran zu beteiligen, jungen Talenten zu helfen, ihre Träume zu verwirklichen.“