Bei den Burundikids

Ein Bericht von Barbara Braun

Gerade haben sie noch auf dem Hof gekickt. Ein Gummischlappen diente als Ball. Sie toben und lachen, und die größeren zeigen sich schon einmal, dass sie echte Kerle sind. Jetzt tragen sie die burundische Nationaltracht und stellen die tonnengroßen Trommeln im Halbkreis auf. Wir Gäste kriegen Stühle. Dann wird der Hof zum Gral. Einer ruft den Appell des Gesangs, andere antworten, die Trommeln fallen ein. Beats, Stimmen, Tanz… alles pulst, Rhythmus pur. Jetzt weiß ich, warum ich hier bin! Die Trommler selbst: Straßenjungs, fast noch Kinder. Sie trommeln nur für mich. Welch ein Geschenk!

Im Oktober 2009 besuchte ich zwei Wochen lang die Projekte von burundikids e.V. Von oben gesehen ist Burundi sehr bergig und grün, kaum vorstellbar, dass das kleine Land auf dem Welthungerindex den vorletzten Platz belegt. Misswirtschaft macht’s möglich. Als ich ankomme, hat gerade die kleine Regenzeit begonnnen. Ab und zu gießt es, meist ist es aber sonnig und sehr warm, besonders in Bujumbura, der Hauptstadt direkt am Tanganyikasee. Ich wohne bei Philipp. Mit ihm und der burundischen Sozialarbeiterin Clothilde besuche ich die Projekte in der Hauptstadt und einmal auch das neue Ausbildungszentrum in den Bergen in Gitega. Die Verständigung auf Französisch klappt besser, als ich dachte.

Mein 21 kg Sack mit Kinderkleidung, gespendet von Kolleginnen aus den IKEA Service Center Diedenbergen ist heil angekommen. Die meisten Kleider werden die Kids zu Weihnachten bekommen. Einige bringen wir aber schon ins Waisenhaus. Die Kids freuen sich riesig. Ihre Augen zeigen die Freude, für die sie keine Worte haben.

Eines Tages wird ein vielleicht fünfjähriger Straßenjunge zu uns gebracht. Er trägt nur ein lumpiges Hemd und Gummilatschen. Von Verena Stamm kriegt er aus dem IKEA Kleidersack zwei Ausstattungen Hosen und Shirts. Als er die Zweitausstattung in die Hand bekommt, sagt er mit feierlichem Blick: „Die zieh ich an, wenn ich gewaschen bin.“

Alle hier haben den Krieg in Neunzigerjahren erlebt oder sind Nachkriegskinder. Vielleicht war es zu meinem Schutz, dass ich nicht alles auf Französisch verstand, was ich erzählt bekam über den Krieg und die Armut. Aber die Burunder lachen trotz alldem gern und viel. Wie Philipp sagte: die Exoten sind hier wir, die Muzungus, wie sie Weiße hier nennen. Ich bin an meine Grenzen gekommen hier, und alles Erlebte ist tief in mich hinein gesunken und wirkt dort noch immer.

Als ich nach zwei Wochen zur Weiterreise im Bus nach Tansania sitze, beschäftigt mich all das, für das ich keine Worte finde. Ehe der Bus startet, schaut mir ein poliokranker Bettler tief in die Augen. Er hat mich in der Hand. Dann fährt der Bus los. Erleichtert bin ich nicht. Erst die grünen Berge links und zur Rechten der See lassen mich etwas zur Ruhe kommen – bis wir in die Berge abbiegen zur tansanischen Grenze irgendwo im Nirgendwo. Ich hoffe sehr, ich kann irgendwann wieder kommen.Dort in Burundi konnte ich mich direkt überzeugen, wie sehr es sich lohnt, die Projekte zu unterstützen, und dass diese Hilfe eins zu eins ankommt. Eure/Ihre Hilfe wird benötigt und kommt an! Danke.